Wirtschaftsspiegel Thüringen - Ausgabe 3/15 - page 33

Gesundheit
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Grafik: TK
Nachhaltigkeit – ein immer häufiger gebrauchter und beworbener Begriff, zu
dem man allein im Gesundheitswesen Bücherbände füllen könnte. Für Firmen
und Gesundheitswesen gleichermaßen relevant ist: Welches sind besonders
wichtige Faktoren, um die Arbeitsfähigkeit von Menschen langfristig zu si-
chern?
(Fehl-)Beanspruchung:
unterscheiden lohnt sich
Nachhaltig ist, Ressourcen möglichst
stabil und ihrer natürlichen Regene-
rationsfähigkeit entsprechend zu nut-
zen. Auch Mitarbeiter sind Ressourcen.
Kollegen, die nicht nur wegen der de-
mografischen Entwicklung in Thüringen
möglichst lange gesund ihrer Arbeit
nachgehen können sollen.
Wirtschaftsfaktor
psychische Gesundheit
Thüringer Erwerbspersonen waren im
Jahr 2013 durchschnittlich 16,7 Tage
krankgeschrieben. Davon 2,2 Tage we-
gen Depressionen, Neurosen oder Be-
lastungsstörungen. Die Zahlen stam-
men aus dem TK-Gesundheitsreport
2014, für den die Techniker Kranken-
kasse (TK) die Krankschreibungen ihrer
4,1 Millionen versicherten Erwerbs-
personen des Jahres 2013 auswertete.
„Wer aufgrund einer Depression aus-
fällt, fehlt im Schnitt 64 Tage. Für den
Patienten heißt das, er leidet besonders
lange an der Krankheit“, sagt Guido
Dressel, Leiter der TK-Landesvertretung
Thüringen. „Für Unternehmen ist das
gleichzeitig ein Problem, weil ein einzi-
ger Krankheitsfall sehr hohe Kosten mit
sich bringt. Somit ist es nicht nur
menschlich wichtig, sondern lohnt sich
auch aus wirtschaftlicher Sicht, Prä-
ventionsarbeit zu leisten.“
Auch wenn es nicht immer auf dem
Krankenschein steht: „Stress und Er-
schöpfung sowie psychische Fehlbean-
spruchungen bedingen inzwischen na-
hezu 40 Prozent der Fehlzeiten mit, die
die Berufsgenossenschaften und Unfall-
kassen in ihren jährlichen Statistiken
ausweisen", sagt Prof. Dr. Rüdiger Trimpop. Der
Arbeits- und Organisationspsychologe leitet den ent-
sprechenden Lehrstuhl der Friedrich-Schiller-Uni-
versität Jena.
Job für Thüringer besonders wichtig
und größter Stressfaktor
Psychische Gesundheit wird in der öffentlichen
Diskussionen eng mit Stress und Burnout verbunden.
„Viele Menschen verstehen unter Stress die alltägli-
chen Anforderungen, die Mühe und müde machen.
Das ist aber kein Stress, sondern eine notwendige
Beanspruchung, um persönlichkeits- und gesundheits-
förderliche Arbeit zu leisten“, sagt Trimpop. „Stress be-
deutet FEHLbeanspruchung, also wenn man einen
Motor dauerhaft in den roten Drehzahlbereich treibt
oder gar nicht fährt.“
Beim sogenannten Burnout-Syndrom zum Beispiel
schlagen viele der Bedingungen für gute Arbeit ab ei-
nem bestimmten Niveau ins Gegenteil um. Dazu zäh-
len Einsatzbereitschaft, Wichtigkeit und Verant-
wortung.
Das könnte die Erklärung für ein auf den ersten Blick
widersprüchliches Phänomen sein: Für 80 Prozent der
berufstätigen Thüringer, ist die Arbeit ein überaus
wichtiger Teil des Lebens, der Spaß macht. Das zeigt
die Studie „Bleib locker, Deutschland!“,
die Forsa im Auftrag der TK durchge-
führt hat. Gleichzeitig ist der Job der
größte Stressfaktor. Von den Befragten
aus Thüringen, Sachsen und Sachsen-
Anhalt fühlen sich 61 Prozent haupt-
sächlich durch Beruf, Studium und
Schule gestresst. Im Bundesvergleich
nehmen die mitteldeutschen Länder da-
mit den Spitzenplatz ein.
Fehlbeanspruchung
entgegenwirken
Ein nachhaltiger Ansatz wäre, von vorn-
herein die psychischen Ressourcen im
Gleichgewicht zu halten. Dabei sind al-
le Akteure des Gesundheitswesens ge-
fragt, damit aus belastendem Stress kei-
ne schwerwiegenden Erkrankungen
werden.
„Oftmals ist die Arbeit ungünstig ver-
teilt. Einige haben zu viel, andere zu
wenig“, sagt Trimpop. „Da helfen Ar-
beitsanalysen. Gute Personalentwick-
lungskonzepte sind nützlich, um den
Mitarbeitern die Kompetenzen zu ver-
mitteln, die Arbeit auch dann erledigen
zu können, wenn sie vom Standard ab-
weicht oder sich weiterentwickelt.
Schließlich sind Work-Life-Balance und
Gesundheitsförderungsprogramme sehr
wichtig, um Schäden zu vermeiden,
aber auch um präventiv die notwendi-
gen Denk- und Regenerationspausen zu
integrieren.“
Experten für betriebliches Gesundheits-
management finden Unternehmen un-
ter anderem bei den Krankenkassen.
„Erfahrene Kollegen helfen, Schwach-
stellen in der Firma zu analysieren, zei-
gen mögliche Maßnahmen zur Gesund-
heitsförderung auf und bewerten am
Ende gemeinsam mit den Unternehmen
die Ergebnisse“, sagt Dressel.
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